Motivation
Die Energiewende treibt auch den stetigen Ausbau von Offshore-Windparks voran. Die langen Betriebsdauern von OWEA, aber auch anderer Offshore-Konstruktionen, können aufgrund unerwarteter Ermüdungsrisse bereits vor Ende der errechneten Lebensdauer Reparaturschweißungen erfordern, sodass der Bedarf nach Reparatur- und Instandsetzungskonzepten wächst. Derzeit ist eine Einordnung in die Kerbfallklassen des harmonisierten Eurocode 3 zur Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten (DIN EN 1993-1-9) für den Reparaturfall nass geschweißter Verbindungen nicht möglich. Die Charakterisierung der Ermüdungsfestigkeit von unterwassergeschweißten Konstruktionsdetails ist daher notwendig, um einen Ermüdungsnachweis für zyklisch beanspruchte unterwassergeschweißte Reparaturschweißungen führen zu können und demzufolge Berechnungen der Restbetriebsdauer zu ermöglichen.
Lösungsweg
Im Forschungsprojekt werden normalisierte und thermomechanisch gewalzte Stahlgüten, wie sie vermehrt für Offshore-Konstruktionen eingesetzt werden, untersucht.
Am Unterwassertechnikum in Hannover (UWTH) können in einer Innenüberdruckkammer (s. Abbildung 1) mittels vollmechanisierten Lichtbogenhandschweißen nass geschweißte Proben unter verschieden simulierten Wassertiefen hergestellt werden. Der Fokus liegt dabei auf Konstruktionsdetails, die mögliche Reparatursituationen an OWEA abbilden. Zur Charakterisierung des Verhaltens der Grundwerkstoffe werden Bleche mit aufgesetztem Flicken, welcher als Überlappstoß mit Kehlnahtschweißung angeschlossen ist, untersucht. Zur Bestimmung des Tragverhaltens der Schweißnähte bilden einseitig geschweißte Stumpfstöße sowie Kehlnähte im belasteten Überlappstoß realitätsnahe Anwendungsfälle ab.
Neben der Untersuchung des Ermüdungsverhaltens unter zyklischer Belastung werden die geschweißten Proben auch hinsichtlich ihrer Versagensursache untersucht. Dafür werden mechanisch-technologische Prüfungen durchgeführt und die Mikrostrukturen der Schweißverbindungen analysiert. Insbesondere wird hier die Schweißnahtqualität (z.B. Porenanzahl und –dichte, Mikrorisse im Schweißgut, Unternahtrisse in der WEZ) in Abhängigkeit des Konstruktionsdetails und der simulierten Wassertiefe charakterisiert. Zusätzlich sollen Bestimmungen des diffusiblen und residualen Wasserstoffs in der Schweißverbindung Aufschluss über den Zusammenhang von Kaltrissigkeit und Ermüdungsfestigkeit geben. Mit Hilfe der Untersuchung des Einflusses dieser Fehlstellen auf die Rissinitiierung und Rissausbreitung lassen sich Rückschlüsse auf die Auswirkungen hinsichtlich der Schwingfestigkeit ziehen.
Ergebnisse
Mit den Ergebnissen aus diesem Forschungsvorhaben wird eine valide und sichere Grundlage für die Bemessung und Lebensdauerabschätzung unterwassergeschweißter Konstruktionen geschaffen. Es ist eine grundsätzliche Ableitung konkreter Kerbfalleinstufungen für unterwassergeschweißte Schweißdetails geplant. Bisherige Ergebnisse deuten darauf hin, dass insbesondere bei großen Wassertiefen mit geringerer Schwingfestigkeit aufgrund einer höheren Anzahl innerer Schweißnahtunregelmäßigkeiten (s. a. Abbildung 2) gerechnet werden muss. Kerbdetails, welche in seichten Wassertiefen angefertigt wurden, zeigen nach bisherigen Stand (s. a. Abbildung 3) keine signifikante Reduktion der Schwingfestigkeit.