Retrofitting

Refit als nachträgliche Schweißnahtnachbehandlung zur Lebensdauerverlängerung ermüdeter Stahlbauten

Problemstellung

Vor etwa 30 Jahren wurden die ersten Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) vor den Küsten errichtet. Diese wurden nach damaligem Stand der Technik ohne lebensdauerverlängernde Schweißnahtnachbehandlungen gefertigt. Da die OWEA i.d.R. für eine Betriebsdauer von 20 bis 25 Jahren ausgelegt sind, müssen seit einigen Jahren die ersten Windparks zurückgebaut werden. Die zugrunde gelegte Betriebsdauer für die dynamisch hochbelasteten Strukturen ergibt sich hauptsächlich aus dem rechnerischen Ermüdungsfestigkeitsnachweis der Schweißverbindungen und den aufwändigen Inspektionen in belastungskritischen Bereichen. Wiederkehrende dynamische Belastungen, welche die Ermüdung der Stahlbauten bedingen, ergeben sich aus Wind, Wellen und dem Anlagenbetrieb überlagert mit dem Einfluss der Korrosion. Derzeit existieren keine Standards oder Bemessungsgrundlagen für die mögliche Nachbehandlung bereits ermüdungsbeanspruchter Konstruktionen, sodass eine statistisch abgesicherte Quantifizierung der möglichen Lebensdauerverlängerung und somit eine Qualifizierung des Verfahrens notwendig ist.

Zielstellung und Lösungsweg

In der geplanten Revision der Normreihe EN 1993 (Eurocode), welche auch als Bemessungsgrundlage von OWEA dient, sind eine Reihe von Schweißnahtnachbehandlungsverfahren (direkt bei Produktion, vor dem Betrieb) genannt, die die Geometrie der kritischen Schweißnahtübergangskerbe verbessern und eine deutliche Kerbfallerhöhung des Konstruktionsdetails erlauben. Unter anderen Verfahren wird auch auf das hochfrequente Hämmern (HFH/HFMI) verwiesen. Dabei werden mittels pneumatischem Nadelhammer gezielt lokale Druckeigenspannungen eingebracht, die Randschicht verfestigt, die Geometrie des Schweißnahtüberganges verbessert und dadurch die Kerbwirkung der Schweißnaht vermindert. Somit kann der Kerbfall der geschweißten Verbindung erhöht, eine flachere Steigung der Wöhlerlinie angenommen und bei gleicher Ermüdungslast mehr Schwingzyklen ertragen werden.

In diesem Zusammenhang ist ein denkbares Szenario für Retrofitting der Einsatz von Tauchern, um die Schweißnahtübergänge Unterwasser gezielt nachzubehandeln und die Ermüdungsfestigkeit nachträglich zu erhöhen. Im Rahmen der Qualifizierung und Quantifizierung dieses Retrofitting-Ansatzes werden entsprechende Szenarien statistisch abgesichert nachgebildet. Dazu werden typische Offshore-Schweißnahtdetails gefertigt, korrodiert und gezielt ermüdet sowie kurz vor Erreichen der rechnerischen Lebensdauer nachträglich mittels HFH/HFMI nachbehandelt. Die nachbehandelten Proben werden umfangreichen Ermüdungsversuchen unterzogen und das Potential zur Lebensdauerverlängerung abgeleitet. Begleitend werden werkstofftechnische Effekte wie Eigenspannungszustand und Randschichtverfestigung in Hinblick auf mögliche Qualitätssicherungsverfahren ermittelt.

Da die visuelle Prüfung der Ausführungsqualität der HFH/HFMI-Nachbehandlung Unterwasser nur eingeschränkt möglich ist, wird eine weitere Technologie erforscht. Dabei sollen mithilfe eines Prüfkopfes zur mikromagnetischen Spannungs- und Mikrostrukturanalyse die eingebrachte Druckeigenspannung und Randschichtverfestigung schnell und einfach bestimmt werden.

Nutzen

Das Verfahren zur Schweißnahtnachbehandlung mittels hochfrequenten Hämmerns des Schweißnahtübergangs soll die Lebensdauer verlängern und den Rückbau der OWEA verzögern. Damit könnten die Anlagen länger betrieben werden und Strom produzieren, sodass die ökonomische und ökologische Effizienz erhöht wird. Außerdem soll das Verfahren neben der Anwendung an OWEA auch im bauaufsichtlichen Bereich allgemein nutzbar gemacht werden und den Geltungsbereich einschlägiger Richtlinien für das Retrofitting von Schweißnähten durch hochfrequentes Hämmern erweitern. Weitere Anwendungen für ein gezieltes Refit sind beispielsweise im Schiff-, Tank- oder Brückenbau zu finden.

Projektpartner

  • Fraunhofer IGD in Rostock
  • Fraunhofer IKTS in Dresden
  • Fraunhofer IOSB in Karlsruhe

Förderhinweise

Dieses Projekt wird im Rahmen der Fraunhofer-Initiative „Smart Ocean Technology“ (SOT) gefördert und bearbeitet.